Weilheimer Tagblatt 25. Mai 2004
Marienlieder, makellos
Ein Hör-Erlebnis: ART CAPPELLA und FrauenTöne in Maria Aich
Ein Artikel von Bernhard Kölbl
PEISSENBERG - Selten genug vertrauen selbst profilierte Vokalensembles im
ansonsten doch so regen Konzertleben der Region allein auf die Faszination,
die von Stimmen a cappella ausgehen kann. Zu wenig Effekt - so glaubt man
wohl - verspricht dieses Genre, zu viel Arbeit muss investiert werden, und
manche Klippe erweist sich für manchen Chor als kaum umschiffbar.
Gründe, weshalb sich diese Werke an Popularität etwas mit der
großen Oratorienliteratur nicht messen können.
Wie diesen Vorurteilen zum Hohn gelang es jedoch den Chören ART
CAPPELLA und FrauenTöne am Sonntagabend nicht nur, so viel Hörer in
die Peißenberger Maria-Aich-Kirche zu einem Chorkonzert unter dem Titel
"Salve Regina" zu locken, dass in aller Eile zusätzliche Stühle
beschafft werden mussten, sondern das Publikum auch von Anfang an in den Bann
zu ziehen.
Gleich zu Beginn hörbar: Bei den Musikern stimmen Grundvoraussetzungen;
man kann nur ahnen, wie viel unerbittliche Probenarbeit hinter so makelloser
Intonation steckt, hinter einem so stimmigen, schlanken Gesamtklang, hinter
einer Textartikulation, deren Präzision und Deutlichkeit den
Textbeigaben im Programmheft eigentlich überflüssig macht.
Zu hören war von all der Mühe im Konzert nur das Ergebnis: Der
sängerisch-handwerkliche Hintergrund stand als Basis des Musizierens so
sicher und selbstverständlich, dass die eigentliche Interpretation ganz
die Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Eine Interpretation, die getragen
war von einem eher intuitiven Zugang und mit der die Sänger - ausgehend
von Manfred Böhm, der den Chor mit suggestiven doch unaufdringlichen
Gesten leitet - auch Werke der Renaissance als lebendige Musik, nicht als
Zeugnisse einer längst vergangenen Epoche erfahrbar machten.
Transparent, durchhörbar und organisch wie selten konnte man die
marianischen Kompositionen von Clemens non Papa, Merulo, Croce, de Fevin und
Palestrina erleben, die Dynamik differenziert und durchdacht, homophone
Passagen gelegentlich verblüffend wuchtig.
Dass diese Qualität nicht auf die Klanglichkeit alter Musik
beschränkt, sondern auch in den Weiterungen romantischer Harmonik und
darüber hinaus tragfähig sind, bewiesen die Musiker mit Brahms`
Marienliedern op.22 und Stücken gemäßigt moderner Tonsprache
im zweiten Teil.
Ein besonders reizvolles Hörerlebnis darunter: zwei
Werke für Frauenstimmen des 1949 geborenen Javier Busto, vorgetragen vom
Ensemble FrauenTöne. Auch hier höchste Präzision in der
gesanglichen Darstellung und perfekt ausgehörte Klänge.

Die harte Probenarbeit war in Maria Aich nur noch zu ahnen: ART CAPPELLA um
Manfred Böhm
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